Von Roman Horschig
Bildergalerie Talente aus BW
Talente aus BW Wie das Fußballleben so spielt
| Nicht erst seit dem frühen Ausscheiden der deutschen Nationalmannschaft bei der WM liegt in unserem Land der Fokus auf der Ausbildung neuer Top-Spieler. In Deutschland gibt es hierfür ein mehrstufiges Modell, in dem der DFB, seine Landesverbände und die Vereine mit Spielerinnen und Spielern arbeiten. «Der Ausdruck ‹Talent wird in die Wiege gelegt› entspricht jedoch nicht ganz der Wahrheit», erklärt Christian Reinke, früherer Lehrreferent des bfv und seit 2022 Verbandssportlehrer beim SBFV. Um ein in sich schlummerndes Talent zu entfalten, benötige es eine Begleitung. Auf der sportlichen Ebene, aber auch bei weicheren Faktoren – auch wenn es Bereiche gibt, auf die Trainer wenig bis keinen Einfluss haben, wie das Elternhaus, Freunde oder Lehrer.
Landesverbände als «lange Begleiter»
Dennoch: Obwohl den Landesverbänden, Verbandssportlehrern und Auswahltrainern deutlich weniger Trainingseinheiten zur Verfügung stehen als den Vereinen, spielen die Auswahlmaßnahmen eine große Rolle in der Spielerentwicklung. Christian Reinke erklärt das so: «Die Landesverbände sind sehr lange Begleiter der Talente bei ihrer Entwicklung zu Spitzenspielern.» Der klassische Weg dorthin beginnt üblicherweise im Dorfverein. Dort wird ein Nachwuchskicker als Talent entdeckt und schafft dann den Sprung in den nächstgrößeren Verein vor Ort. Bei einer weiteren Leistungsexplosion landet der Spieler dann in der Regel im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) und versucht alles, um Profi zu werden. «Das ist das große Ziel und gleichzeitig der große Traum der allermeisten jungen Spieler», sagt Reinke. Die Aufgabe der Landesverbände sei hier, die Talente auf ihrem Weg clubübergreifend vom Dorfverein über den Ausbildungsverein bis hin zum NLZ zu begleiten.
Vor allem aber die letzte Station ist von Erfolgsdruck geprägt. Doch der kann gerade in der Entwicklung auch leistungslimitierend wirken. «Hier können die jeweiligen Landesverbände entschleunigend wirken», so Reinke. Turnierergebnisse beim Länderpokal oder bei Vergleichsspielen erachtet der Verbandssportlehrer als zweitrangig, weil die Ergebnisse der Landesverbände nicht im öffentlichen Fokus stehen. «So können die Talente im Training auf Landesverbandsebene frei aufspielen und in den Auswahl-Teams lässt sich auch ein Fokus auf die Sozialkompetenzen legen», betont Reinke. «Auf diese Softskills können Verbandssportlehrer vielleicht sogar mehr achten als ein Trainer im Verein.» Offenheit, Höflichkeit und manchmal auch Bescheidenheit gehören zu den geforderten Fähigkeiten eines Auswahlspielers dazu.
Förderung sportlicher und sozialer Fähigkeiten.
Der größte Einfluss der Landesverbände im Talentförderbereich liegt jedoch in der fundierten und exzellenten Ausbildung der Trainer. Hier haben die Landesverbände die breitesten und nachhaltigsten Möglichkeiten, für die höchstmögliche Qualität im Training auf Vereinsebene zu sorgen. Dabei wird, so Reinke, ein sehr großer Wert auf Individualität gelegt, «da die Anforderungen an die Trainer je nach Altersklasse doch extrem unterschiedlich sind». Und es spielen hier auch nicht nur fußballspezifische Inhalte eine entscheidende Rolle, sondern auch Softskills, die im Umgang mit den Spielern wichtig sind.
Alles in allem wird auf Verbandsebene viel getan, um den Fußball an der Basis frühestmöglich zu stärken und weiterzuentwickeln. Dass in Baden-Württemberg eine ideale Grundlage gelegt wird, um überall auf der Welt erfolgreich zu sein, zeigen große Namen in den internationalen Top-Ligen. Doch auch die weniger bekannten ehemaligen Nachwuchskicker von bfv, SBFV und wfv machen ihren Weg – zum Teil auch mit eher unorthodoxen Spielerkarrieren, wie unsere elf Kurzporträts belegen: Manch großes Talent von einst kickt mittlerweile in Asien, auch Trainer wurden bereits aus der Heimat weggelockt. Und manche führt der Weg aus den NLZ auch in Deutschland nach ganz oben! |