Von Roman Horschig
Staffelleiter: Hinter den Kulissen der Ehrenamtsarbeit
Großartige Lei(s)tung – die Arbeit der Staffelleiter
von Roman Horschig | Seit 1997 verleiht der DFB den Ehrenamtspreis für hervorragende Leistungen. Preisträger im Bezirk Enz/Murr war 2024 Frank Schneider. Bei ihm hätte man das «s» in Leistungen aber auch streichen können, denn er wurde hauptsächlich für seine Leitungen ausgezeichnet. In diesem Fall die der Kreisligen B1 und B3. Seine vielschichtige Tätigkeit als Staffelleiter ist dabei akribisch und maximal akkurat.
Saison planen, Spieltage koordinieren
«Für meine Arbeit geht schon mal das ein oder andere Wochenende drauf», sagt der Fußballenthusiast ohne Reue und mit Stolz. Eine logische Konsequenz der Verantwortung, schließlich ist jeder Staffelleiter an den Spieltagen für seine Liga als Ansprechpartner voll im Dienst. Die Kommunikation mit den Vereinen und den Schiedsrichtern ist hier normaler Standard. Skurrilitäten, für die spontanes Organisationstalent gefragt ist, immer mit inbegriffen. «Einmal hat mich ein Schiedsrichter angerufen, dass er ins falsche Freiberg gefahren ist. Dann heißt es spontan Ersatz finden oder Spielverlegung», beschreibt Schneider seinen Ehrenamtsalltag. In einigen Ligen kann in solch einem Fall dann ein von beiden Seiten abgesegneter Schiri pfeifen. In den meisten Klassen muss der Verband auf einen ausgebildeten Referee hoffen, der zufällig vor Ort ist. So auch schon geschehen, als in Schneiders Kreis Ende 2021 der damalige Drittliga- und heutige Zweitliga-Schiri Lars Erbst das Kreisliga-Spiel TSV Asperg 2 gegen FC Gerlingen 3 pfiff. Aber auch bei kurzfristigen Spielabsagen oder Spielabbrüchen ist der Staffelleiter voll involviert. Alles in allem also immer gut gebuchte Wochenenden … Schneider betreibt in seiner Freizeit auch einen empfehlenswerten YouTube-Kanal, auf dem er Interessierten die Arbeit eines Staffelleiters in Videos näherbringt und vor allem Tipps und Tricks für Vereine bereithält.
Einen Online-Kanal könnte auch Arno Kiechle füllen und sicher ebenso ein ganzes Buch über seine Arbeit als Staffelleiter verfassen. Seit 31 Jahren leitet der erfahrene Funktionär verschiedene Ligen, ist heute Vorsitzender des Verbandsspielausschusses in Südbaden. «Meine ersten Spielpläne habe ich noch mit der Schreibmaschine erstellt und kopiert», sagt Kiechle schmunzelnd. Vertipper waren hier teuer. Heute arbeitet auch er wie alle Staffelleiter mit DFBnet. Die Zeiten, als noch der Briefträger die volle Ladung Spielberichtsbögen persönlich vorbeibrachte, sind lange vorbei, ebenso die telefonische Ergebnismeldung nach dem Spieltag. «Die Online-Plattformen haben die Arbeit alles in allem schon deutlich erleichtert und viele Fehler werden vermieden», beurteilt Kiechle die heutige Situation. Elektronische Hilfsmittel also, für mehr Effizienz. Auf die Wünsche von Vereinen ist er in seiner langen Ehrenamtskarriere immer, wenn es nur irgendwie möglich war, eingegangen. Beispielsweise wenn zum Stadtfest, um Parkplatznöte oder personelle Engpässe beim Verein zu vermeiden, keine Spiele angesetzt werden sollen – oder eben gerade zur Feier des Tages das Lokalderby stattfinden soll. Eine würdige Einstellung Kiechles, denn gerade diese spontanen Anfragen haben das Potenzial, die stundenlange akribische Arbeit am Saisonplan schnell nochmals aus der Bahn zu werfen.
Jonglieren mit verschiedenen Ligen
«Ja, solche Anrufe kurz vor knapp können einen schon aus der Ruhe bringen», berichtet auch Christian Schmidt, Staffelleiter der bfv-Kreisliga Buchen. Die Akribie und auch die Bewusstheit, mit der die Spielpläne erstellt werden, wird von außen oft unterschätzt. Zum einen muss auf den Rahmenterminkalender Rücksicht genommen werden, zum anderen wird auf die Platzbelegungen und auf eine sinnhafte Einteilung von Heim- und Auswärtsspielen geachtet. Das Jonglieren mit verschiedenen Ligen und den Anforderungen der Teams – gerade wenn ein Verein mehrere Mannschaften im Spielbetrieb hat – wird oft zum planmäßigen Husarenritt.
Synchronität und Rhythmisierung müssen mit vollem Fokus auf eine harmonische Saison hergestellt werden. Jede kleine Änderung im Nachgang kann größere Wellen schlagen und noch die ein oder andere Stunde Abstimmungsarbeit nach sich ziehen. Und fast logischerweise komme dies trotz bester Abstimmung immer wieder vor. Heimspiele von erster und zweiter Mannschaft idealerweise hintereinander angesetzt, die Berücksichtigung der Spiele im Nachbarort oder auch die Anzahl von Auswärtsspielen am Stück – das sind Gründe, warum sich Vereine immer wieder mit Wünschen oder mit Kritik melden. Mit Schlüsselzahlen und Tabellenwerk hilft der Computer den Staffelleitern mittlerweile zwar, hier schneller die Übersicht zu erlangen, dennoch gilt es, immer wieder Unplanbares zu planen oder zumindest darauf vorbereitet zu sein. Trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – betont auch Schmidt klar und deutlich: «Die Arbeit als Staffelleiter macht richtig Spaß!»
Jemand ohne Planungstalent und Spaß an der Organisation würde sich wohl kaum einem solchen Amt hingeben. Und schließlich gibt es auch großartige Highlights wie die Wimpelübergabe zum Ende jeder Saison. Auch als Staffelleiter – als solcher wird man übrigens gewählt und im Amt bestätigt – vor Ort zu sein und die Spiele der eigenen Liga mit einer gewissen Nähe zu begleiten, kann einem viel geben. Eine weitere wichtige Aufgabe der Organisatoren ist die Ausrichtung des jeweiligen Staffeltags. Einer der wenigen Momente, in denen der Organisator mal alle Vereine an einem Tisch hat und eine gute «Stabilität» herstellen kann. Hier ist auch Zeit für wichtige Botschaften und für Kommunikation rund um aktuelle Themen der Liga.
Staffelleitung mit Dienstleistungscharakter
Den Staffeltag hat auch Julia Traub, Staffelleiterin der Regionalliga Frauen 5, schon oft für den Austausch genutzt. Sie ist eine der ganz wenigen Frauen in der Ligen-Leitung und berichtet aus ihrem Ehrenamtsalltag: «Für mich geht die Arbeit oft erst nach dem Spieltag richtig los: Spielberichte anschauen, prüfen und ggf. Meldungen an das Sportgericht machen.» Auch das Einleiten von Verfahren gehört zur Arbeit der Staffelleitung dazu. Selbst in der Kreisliga müssen sich Staffelleiter heutzutage beispielsweise mit Pyrotechnik auseinandersetzen. Man ist eben immer präsent – und umgekehrt auch erster Ansprechpartner für die Vereine. «Das hat schon einen Dienstleistungscharakter, wir sind hier in einer aktiven Rolle», erklärt Traub.
Alles in allem ist es eine herausfordernde Aufgabe, ohne die aber im Fußball wenig geht. Sie verlangt eine gute Kommunikationsfähigkeit bei gleichzeitigem großen Planungstalent – und fordert einen hohen Zeitaufwand bei den Verantwortlichen. Der Wunsch, dem Sport etwas zurückzugeben, ist bei Staffelleitern meist maximal groß. «Das Organisieren und Planen macht mir Spaß. Was mir aber auch besonders gefällt, ist der viele Kontakt zu Freunden aus dem Fußball, der einfach vorhanden bleibt», sagt Frank Schneider mit einem Lächeln im Gesicht. Er spricht dabei wahrscheinlich für alle, die den Staffelleitungs-Job Woche für Woche ausüben. Sie vollbringen eine großartige Lei(s)tung! | Roman Horschig, München